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für zwei Flügel

  2006-09  

Besetzung: 2Pf

   ~23-26'
(aus: fünf Ritardandi für zwei Pianisten an drei Instrumenten)

 

details

 

Kompositionsstipendium des Berliner Senats

Uraufführung der ersten Fassung (Teil A-G): 12.10.2008, Rom (Acquario), Anja Kleinmichel | Ernst Surberg

Uraufführung der vollständigen Fassung: 28.01.2011, Berlin (Radialsystem V), Benjamin Kobler | Ulrich Löffler

(im -Konzert im Rahmen des Festivals Ultraschall Berlin)
Weitere Aufführungen durch Daniel Brylewski | Sophie Patey in Frankfurt/Main und Bern (Schweiz)

 

 

 

 

intonation

 

Der vom Publikum aus rechts stehende Flügel (PF2) soll auf in den Noten präziser beschriebene Art und Weise verstimmt werden. Weder ein vollständiges Verschieben der Intonation (geschlossen zu tief oder zu hoch) noch eine traditionelle nicht gleichschwebende Intonation sind erwünscht. Der Flügel sollte so in sich verstimmt sein, dass (besonders an den zahlreichen Stellen, an denen beide Pianisten die gleichen Töne spielen) eine hörbare aber nicht völlig verstörende Differenz erkennbar wird.

Da die an sich wünschenswerte Verstimmung eines Flügels bei separater Aufführung einzelner Sätze im Programm mit andern Werken unpraktikabel ist, kann das Stück auch auf zwei regulär gestimmten Instrumenten aufgeführt werden.

 

 

 

 

Wie bereits angedeutet, spielte für die Konzeption des Zyklus' Anästhesie neben anderen Inspirationsquellen die (neuerliche) Beschäftigung mit höfischer javanischer Musik eine gewisse Rolle. Das intensive Studium einschlägiger Literatur förderte einen bemerkenswerten Umstand zu Tage: während grundsätzlich größte Aufmerksamkeit sowohl der Intonation der Instrumente als auch den verschiedenen Variationen der zugrundeliegenden Skalen geschenkt wurde und durchaus auch den vielgestaltigen Formen der Zeitgliederung auf der rhythmischen Ebene – ein uns besonders eigentümlich erscheinender Aspekt dieser Musik fand erstaunlich wenig Beachtung: der teilweise extreme Einsatz von Temposchwankungen in den meisten dieser Stücke.

 

Ein gerade in dieser Hinsicht besonders auffälliges Beispiel ist eines der berühmtesten Gamelan-Stücke überhaupt: Ketawang Puspawarna. Seinen Anfang können Sie hier hören:  

 

 

Um das atemberaubende Ritardando seines Anfangs zu verdeutlichen, welches in seinen ersten 47 Sekunden das Tempo in einer äußerst natürlich verlaufenden Kurve auf weniger als ein Viertel (bpm: ~160 → ~35) drosselt, unterlegte ich das Original mit einem Metronom:  

 

Hier können Sie das ganze visuell mitverfolgen:

 

Ketawang Puspawarna (Anfang) Tempoanalyse

 

Die Idee, ein Ritardando nicht lediglich als das allmähliche "Verschleppen" eines ursprünglich Schnelleren zu betrachten, sondern vielmehr als eine Art Äquivalent zu einem Zoom: als Möglichkeiten der Zeitlupe, Einblick in eine bei schnellerem Tempo nicht wahrnehmbare Mikrostruktur zu erhalten – dies ist ein Thema, das mich spätestens seit den "raffrenandi" von comic strip beschäftigt. So entstand der Wunsch, sich diesem im Untertitel des Zyklus' (fünf Ritardandi) deklarierten Thema in aller Ausführlichkeit zu widmen.

 

 

Detailliertere Auskünfte zur Form von Anästhesie I finden Sie hier:  

 

 

 

 

 

Wortlaut (und Übersetzung) jener für die Entwicklung des kompositorischen Materials von Anästhesie I bedeutsamen Sprachaufnahme finden Sie auf der -Seite. Hier können Sie das Original anhören:  

 

Zur Verdeutlichung meiner metrischen Deutung des Originals und meiner Analyse seines Tonhöhenverlaufs hören Sie dies:  

 

Zum Mitlesen:

Stephan Winkler: Anästhesie I (Náttröllið-Transkription)

 

Es schlossen sich einige analytischen Untersuchungen zur metrischen Struktur des Dialogs an:

 

Stephan Winkler: Anästhesie I (Náttröllið – metrische Analyse)

 

Erläuterungen zu den verschiedenen Wegen, auf denen diese Tonaufnahme ihren Eingang in die einzelnen Abschnitte von Anästhesie I fand sowie detailliertere Auskünfte zur formalen Anlage des Stückes finden Sie hier:  

 

 

 

 

 

 

Die für Anästhesie I verwendete Skala und ihre Transpositionen

 

Stephan Winkler: Anästhesie I (Skala und Transpositionen)

 

 

und die Derivation der beiden siebentönigen unter den Hauptakkorden aus den Tönen eines Skalensegments (modus).

 

Stephan Winkler: Anästhesie I (Akkordderivation)

 

 

 

Auch zur Tonhöhenorganisation finden Sie detailliertere Auskünfte hier: