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für Geige und Zuspiel — nach dem Gedicht

Das Ohr in der Uhr von Durs Grünbein

  2002/03/07  

Besetzung: Violine solo

+Tontechnik [DETAILS]

   ~27'

 

details

 

Auftrag des Festivals Activa Neuer Musik, Berlin

Uraufführung v1 (mit live-Elektronik): 24.09.2002, Berlin (Pfefferberg), Anne Feltz | Stephan Winkler

UA v2: 2.10.2003, Berlin (Fußballglobus am Brandenburger Tor), Chatschatur Kanajan, im -Konzert

UA v3: 26.05.2007, Rheinsberg (Schlosstheater), Andreas Bräutigam; weitere Auff. u.a. am 27.09.2007 im ORPH-Theater, Berlin, mit Benedikt Bindewald

 

 

 

zur form

 

Grünbeins Musik hat eine äußerst klare Form: 13 "Strophen" (oder, wie es im Programmhefttext heißt: "Szenen des Entblätterns und Entfaltens") gehen einem "Nachspiel" voran, in welchem die Quelle des musikalischen Materials – das vom Dichter vorgetragene Gedicht – in unbegleiteter Unmittelbarkeit zu hören sein wird.

Diese 13 Szenen haben jeweils exakt die gleiche Länge wie die Tonaufnahme des Gedichts, dessen Metrik im Verlauf des Stückes immer mehr durchscheint (deshalb auch "Strophen"). Der Prozess der akustischen Annäherung an die Phonetik des Gedichts entwickelt sich allerdings durchaus nicht linear. Zwar werden in sich überlagernden Wellen immer mehr und immer längere und immer deutlichere Partikel derselben freigelegt – immer wieder wird dieser Prozess aber von erneuten Verschüttungen und "weißen Flecken" unterbrochen.

Daneben lehnt sich der musikalische Charakter jeder der 13 Szenen dem semantischen Inhalt eines Satzes (bzw. Satzteils) des Gedichts an.

Dies sind die Titel der einzelnen Szenen:

 

Stephan Winkler: Grünbeins Musik (Szenentitel)

 

Auf die letzte dieser Strophen folgt (als "Nachspiel") schließlich die unbegleitete Rezitation des Gedichts.

 

Vor jenem Nachspiel ist mit der 13. Szene ("Das Gedicht") der symbiotische Höhepunkt und Abschluss des Annäherungsprozesses erreicht.

In diesem Teil spielt die Solistin/der Solist in völliger rhythmischer Homophonie mit der Rezitation eine transponierte und tonal augmentierte Projektion des Sprachtonhöhenverlaufs. Das an anderer Stelle (z.B. hier) ausführlicher beschriebene Verfahren verwandelt die notenschriftliche Transkription der Phonetik der Sprachaufnahme (Sprachmelodie, -metrum & -rhythmus) in eine "skalierte" und transponierte auf einem Instrument darstellbare Version der phonetischen Kontur.

 

Hier als Notenbeispiel der Anfang der solchermaßen entwickelten Geigenstimme der 13. Szene (aus welcher in den vorangegangenen Szenen bereits bruchstückhaft zitiert worden war):

 

Stephan Winkler: Grünbeins Musik (Szene 13, Anfang)

 

 

 

 

 

Aus den VORBEMERKUNGEN zur Partitur:

 

Der Zuspielanteil besteht aus einem Stereosignal, das von jedem entsprechenden Equipment (CD-Player, Rechner etc.) abspielbar ist. Das Zuspiel muss nur gestartet werden und läuft dann ohne Unterbrechung durch bis zum Ende des Stückes.
Abhängig von der Größe des Raumes, in welchem das Werk aufgeführt wird, mag eine elektroakustische Verstärkung des Solisten wünschenswert sein. Sie sollte den Klang der Violine freilich so wenig wie möglich verfremden.

 

 

 

 

Die folgende Tafel zeigt die verwendete 11stufige Symmetrische Skala in ihrer 1. Transposition, sowie das Set der in dieser fehlenden Töne, welche die Invertierte Skala bilden. Darunter der Hauptakkord und dessen Verschiebungen sowie drei gelegentlich auftretende unveränderliche Akkorde:

 

 

Stephan Winkler: Grünbeins Musik (Tonmaterial)

 

 

 

 

Weitere Notenbeispiele finden Sie hier: