für elf Blasinstrumente | 1994/95 | Besetzung: 2Fl.Ob.Eh.2Kl.2Hrn.3Fg(3.:Kfg) | ~11’ |
Die Skala,
ihre Transpositionen,
die Ableitung eines der Hauptakkorde aus einem Modussegment,
und für konstruktive Aspekte des Stückes relevantes Numerisches:
(Permutation 1 entspricht auch dem Instrumentarium: 2 (Fl) 2 (Ob) 2 (Kl) 2 (Hrn) 3 (Fg))
Hilfestellungen zur Analyse aus einem Vortrag über Gullinkambi für junge Komponisten (gehalten am 28. November 2002 im Rahmen des Musikwissenschaftlichen Spezialseminars Komponieren zur Zeit der Fachgruppe Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin):
In vollem Bewusstsein der Risiken eines solchen Vorgehens, will ich etwas bislang Unversuchtes wagen und versuchen, das akustische Geschehen in den einzelnen Ebenen zu beschreiben. Dabei soll folgende Blockgraphik als Wegweiser dienen, welche allerdings nur in groben Rechtecken die Existenzdauern der einzelnen Kreaturen von ihren ersten Andeutungen bis zu ihrem Verschwinden bezeichnet und in welcher das Wesentlichste des Stückes, nämlich die Entwicklung der Kreaturen aus einander, nicht sichtbar wird.
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Aus dem "Hahnenschrei" (INITIAL) des Anfangs löst sich ein sehr zarter AKKORDPULS, der, obwohl eigentlich siebentönig, zunächst nur die große Sexte des'/b' beinhaltet, denn das Ohr des Zuhörers soll zunächst auf Farben gelenkt werden, bevor es mit Strukturen konfrontiert wird. Dieser Puls ist unregelmäßig und folgt einer Sequenz der 19 möglichen Permutationen der 5 aus Primzahlsummanden gebildeten Summe 11, die im Stück noch mehrfach verwendet wurde. Ab Takt 14 wächst dieser AKKORDPULS 1 sehr vorsichtig an Tonhöhenanzahl bis zum vollständigen siebentönigen Akkord. |
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Wenig später (in Takt 18) tritt, den gleichen Akkord verwendend, das erste Mal das HAGEL-Modell auf, das die Funktion einer Blende hat.
Ein in Takt 24 kurzzeitig besonders häufig auftretendes b' zeugt schließlich die GLEITFIGUR, welche zunächst um das b' herum wächst – zur Entfaltung angeregt durch eine zum Akkordwechsel führenden Verdichtung des HAGELs am Ende von Takt 25.
(Näheres zum Bauprinzip der GLEITFIGUR finden Sie hier.)
Die HAGEL-Struktur verfestigt sich und sammelt sich am Ende von Takt 28 zu einem Schlag, welcher die Geburt des GUMMIBÄLLE-Modells auslöst. |
Diese Kreatur "lebt" gewissermaßen im Tonraum unterhalb der GLEITFIGUR.
Da letztgenannte nach dem ersten GUMMIBÄLLE-Schlag abzusinken beginnt, verdichtet sie gewissermaßen den vertikalen Umfang des GUMMIBÄLLE-Akkords und presst sein Nachpoltern in die Länge.
So werden die Abstände zwischen den 7 dem ersten folgenden Schlägen immer größer, der Akkordumfang geringer und das Nachpoltern immer länger.
Bis zum Takt 44 ist diese Kreatur dann so kraftlos geworden, dass sie mit dem achten "Schlag" endgültig von der GLEITFIGUR aufgesogen wird.
Bereits durch das dritte Auftreten des GUMMIBÄLLEwurfs (das auch das dritte und letzte mit einem d'' ist) wird ein weiteres Modell ins Leben gerufen: der MELODIEVERSUCH. |
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Zunächst nichts mehr als eine absinkende große None (von eben dem d'' zu c'), wird er durch Ablagerungen von immer mehr Tönen um diese "Hauptnoten" immer mehr zu einer Melodie.
Nicht nur auf der x-Achse wächst das Modell: schon mit Beginn der dritten Generation fällt eine zweite Stimme mit ein, die der ersten immer eine "Skalenterz" darunter folgt (1. Horn, Takt 33ff).
Durch eine im Zuge der Uminstrumentierung der GLEITFIGUR aus dieser herausgeschleuderte erste Flöte wird dieser MELODIEVERSUCH kurz nach seinem dritten Anlauf verdrängt und in Vorläufer des ersten ZELLTEILUNGSMODELLs transformiert (Takt 36ff.): in Takt 37 zieht die Flöte 1 das Horn 1 mit, in Takt 38 löst sie zunächst den ersten ZELLTEILUNGSMODELLton der Es-Klarinette, dann den des ersten Horns usw. |
Aus unterschiedlichen Zusammenhängen löst sich ab Takt 41 (Ob), zunächst zaghaft, dann etwas beherzter eine Frühform des SPIRALROTORs, die sich aber in diesem Stadium in keiner Weise durchsetzen kann (obwohl ihm in T.46f. durch "Abwerben" des Englischhorns immerhin die Beschränkung der GLEITFIGUR von vier auf drei Stimmen gelingt) und die immer enger wird, bis sie in Takt 55 vom scheinbar erstarkten, in Wirklichkeit aber "zerplatzenden" ZELLTEILUNGSMODELL abgewürgt wird.
Die GLEITFIGUR kreist seit Takt 40 um das c' und gebiert in Takt 42 (quasi in sich) das eigentliche ZELLTEILUNGSMODELL, das zunächst sehr prosperiert, bis es in Takt 56 an "Überbevölkerung" fast zugrunde geht: nur zwei Stämme bleiben übrig (die Klarinetten im Oktavabstand), deren unterer scheinbar "impotent" bleibt, in Wirklichkeit aber ganz allmählich etwas viel größeres hervorbringen wird: das PENDEL.
Dieses PENDEL 1 beginnt ab Takt 61 aus dem unteren "Stamm" des ZELLTEILUNGSMODELLs herauszuwachsen — und zwar so epidemisch schnell und unvorhersehbar erfolgreich, dass es beim ersten Pendelausschwung in Takt 66 gleich alles andere auslöscht und die GLEITFIGUR, die schon ein paar Takte am unteren Rand des Fagottumfangs herumgedümpelt hatte, quasi einen Schlag erhält, der sie auf recht dramatische Weise verunglücken läßt.
Aus einem der "herumfliegenden" Partikel dieser verunglückten GLEITFIGUR entsteht in Takt 68 ein erneuter MELODIE-Versuch (beginnend mit dem in Takt 37 abgebrochenen dritten Anlauf), dem auch das zurückschwingende PENDEL 1 ernstlich nichts anhaben kann und der sich später (Takt 77ff.) sogar für einen kurzen Moment zur Dreistimmigkeit erweitern wird, bevor er bei der fünften Version erneut an Kraft verliert und in einer Versuchsform des GLOCKEN-Modells aufgeht (Takt 79f). Während das PENDEL 1 immer mehr an Kraft verliert, seine Amplitude immer kleiner, seine Frequenz immer höher wird, werden bei zwei aufeinanderfolgenden Pendelschwüngen gleich zwei neue Kreaturen geboren: in Takt 78 der ROTOR 1 (Kfg) und in Takt 79 der schon erwähnte GLOCKENVERSUCHs (Fg 1). |
Beide beginnen sich zu entwickeln (schon bald wird erkennbar, dass ROTOR 1 das erfolgreichere der beiden ist, zu diesem Zeitpunkt), wobei PENDEL 1 ab Takt 86 in zwei Gruppen zerfällt: die eine (Flöte 1 und Es-Klarinet- te), die unter Beibehaltung des Rahmens der großen None d'/e'' zunächst in der halbtaktigen Frequenz wei- terpulsiert, sich von Takt 88 jedoch immer mehr beschleunigt — bis sie in eine frühe Andeutung des SCHWUNGRADmodells übergeht. Die andere (Oboe und Englischhorn), die in Zweiviertelfrequenz mit der Dezimenamplitude des'/f'' verweilt — um ab Takt 90 "auseinanderzulaufen", indem Amplitude und Frequenz rapide größer werden. Während in Takt 96 das Englischhorn vom ROTOR 1 eingefangen wird, bleibt die Oboe in einem aufsteigenden Lauf (Rudiment aus dem PENDEL) hängen, den sie wiederholt und damit schließlich die 2. Flöte vom GLOCKENmodell ablenkt. Dieser repetierte Lauf baut — sich metrisch zusam- menschiebend, im Ambitus jedoch vergrößernd — den Akkord auf, der die Grundlage des nun hervorquellenden REGENmodells ist. Während der SCHWUNGRADVERSUCH in der Höhe zerschellt ist (Takt 100) und ROTOR 1 sich mittlerweile fast vollständig gedreht hat und all- mählich verebbt (bis Takt 121), deutet sich im REGEN eine zunächst kaum wahrnehmbare Betonung des c' an, wovon aber durch einen zwar leisen, aber sich ganz allmählich beschleunigenden und aufsteigenden Einsatz des Kontrafagotts etwas abgelenkt wird. Der REGEN besteht aus in jedem Instru- ment verschieden langen Tonfol- gen, die nach ihrer jeweils drit- ten wörtlichen Wiederholung bei gleichbleibender Pha- senlänge nach einem bestimmten Prinzip erodieren, sich vereinfachen.
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Eine Liste der Kreaturen (mit Hörbeispielen) finden Sie hier: